Frankreich: Rückgabe an Familien von vier Widerstandskämpfer*innen

Eheringe, Schmuck, Familienfotos – die Nationalsozialisten nahmen den Häftlingen der Konzentrationslager alle persönlichen Gegenstände weg. Dank der Hilfe von Freiwilligen erhielten die Familien von vier französischen Widerstandskämpfern am 23. Januar 2023 im Außenministerium in Paris die gestohlenen Erinnerungsstücke ihrer verfolgten Verwandten zurück.

Fast 80 Jahre nachdem die Nationalsozialisten Anna Boilay ihren Ehering abnahmen, erhielt ihr Neffe Francis Boilay nun diesen Ring zurück. Eine Freiwillige der Kampagne #StolenMemory hatte Annas Verfolgungs- und Familiengeschichte recherchiert und ihn als Angehörigen gefunden. Anna Boilay und ihr Ehemann Gustave hatten den Widerstand gegen die deutschen Besatzer unterstützt. Die Nationalsozialisten verhafteten Anna Boilay 1944 und deportierten sie in ein Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme. Sie überlebte und kehrte nach Kriegsende zu ihrem Ehemann und der gemeinsamen Tochter zurück nach Frankreich.

Der Ehering von Anna Boilay wurde von den Arolsen Archives an ihren Neffen Francis Boilay zurückgegeben.

Mit den Familien von drei weiteren ehemaligen KZ-Häftlingen aus Frankreich nahm Francis Boilay nun bei einer Zeremonie im französischen Außenministerium den persönlichen Besitz seiner Tante entgegen. Auch Hélene Swaczyk, Hélene Handkiewicz und Jules Bernard Morey wurden von den deutschen Besatzern in Konzentrationslager verschleppt und mussten dort Zwangsarbeit leisten. Alle drei überlebten ebenfalls und kehrten nach der Befreiung nach Frankreich zurück. Nun kehrten endlich auch ihre persönlichen Gegenstände nach Hause zurück. Es handelt sich um Schmuck und Fotos, die sie bei ihrer Verhaftung bei sich trugen.

Das Foto in der Mitte zeigt Jules Bernard Morey, der im Konzentrationslager Zwangsarbeit leisten musste.

Die Suche nach den Familien

„Die Freiwilligen und unser professionelles Suchteam in Bad Arolsen sind das Herzstück unserer Kampagne #StolenMemory,“ erklärt Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives. „Seit 2016 haben wir über 680 Familien auf der ganzen Welt die gestohlenen Erinnerungsstücke ihrer Angehörigen zurückgeben können. Alleine in Frankreich haben wir über 70 Familien gefunden. Die Gegenstände sind oft die letzte materielle Spur, die die Familien haben – und deshalb von großer emotionaler Bedeutung.“

Eingeladen zu der besonderen Zeremonie im Außenministerium hatte Laurence Boone, Staatssekretärin für europäische Angelegenheiten. Zusammen mit ihrer deutschen Amtskollegin Anna Lührmann trafen die beiden Regierungsvertreterinnen die Familien sowie Freiwillige, die die Arbeit der Arolsen Archives mit ihren Recherchen unterstützen. Der Termin in der Woche des 60. Jahrestages der Élysée-Verträge unterstreicht die Bedeutung der Aufarbeitung der NS-Verbrechen und ihre Auswirkung bis in die Gegenwart.

Wanderausstellung in Frankreich

Die Rückgabezeremonie am 23. Januar war der Auftakt für eine enge Zusammenarbeit zwischen den Arolsen Archives und dem französischen Ministerium für Äußeres und Europa: Ab Juni 2023 wird die Wanderausstellung #StolenMemory bis Ende 2024 an etwa 20 Orten in Frankreich zu sehen sein. Die Ausstellung erzählt von den Geschichten der gestohlenen Erinnerungsstücke und lädt die Besucher ein, sich an der Suche nach den Familien zu beteiligen. Neben dem französischen Ministerium für Äußeres und Europa unterstützt die Fondation pour la Mémoire de la Shoah die Ausstellung in einem umgebauten Übersee-Container. Seit 2020 touren bereits vier #StolenMemory-Container durch Deutschland, Polen und Belgien.

Die Nationalsozialisten nahmen Hélene Swaczyk bei ihrer Einlieferung in das KZ diesen Schmuck ab. Jetzt sind die Erinnerungsstücke wieder im Besitz der Familie.

Gestohlene Erinnerungsstücke

Die Arolsen Archives sind das weltweit größte Archiv zu den Opfern und den Überlebenden des NS-Regimes. Es umfasst über 30 Millionen Originaldokumente. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Neben dieser Dokumentation über die Verbrechen des Hitler-Regimes befinden sich in den Arolsen Archives rund 2.500 Umschläge mit persönlichen Gegenständen von KZ-Inhaftierten. Diese sogenannten Effekten konnten von den Alliierten in einigen der befreiten Lager sichergestellt werden. Sie kamen Jahrzehnte später in das Archiv nach Bad Arolsen, mit dem Auftrag, sie in die richtigen Hände zurückzugeben.

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